Werden wir es schaffen? Werden wir tatsächlich morgen am Kap Hoorn anlanden, dem Schrecken der Seefahrer? Die Passagiere an Bord unseres Kreuzfahrtschiffs Stella Australis kennen kein anderes Gesprächsthema mehr. Die Aufregung steigt spürbar. Egal wen von der Crew man fragt, keiner mag einem eine Garantie geben. Denn die Wettervorhersagen sind hier wenig beständig. Schnell und unvorhergesehen schlägt das Wetter um. Und auch die Strömungen sind hier, wo Atlantik und Pazifik aufeinander prallen, unberechenbar. Nicht umsonst besitzt Kap Hoorn den Beinamen Kap des Schreckens und gilt als größter Schiffsfriedhof der Welt. Mehr als 800 Schiffen und über 10.000 Menschen wurde die raue See zum Verhängnis.

Inhaltsverzeichnis
Kap Hoorn ruft
Doch uns ist der Wettergott hold. Aufgrund der Wetterprognose wird der Landgang vorverlegt. Auf 7 Uhr morgens, wie wir beim Briefing am Vorabend erfahren. Das heißt, wir werden ohne Frühstück im Bauch unsere Füße auf diesen legendären Boden setzen. Egal, keinen der Kreuzfahrt Passagiere stört es. Alle sind vollgepumpt mit Entdeckeradrenalin und haben nur noch eins im Sinn: Kap Hoorn zu besuchen.

Landgang Kap Hoorn
Am nächsten Morgen ist es soweit: Das Wasser ist spiegelglatt. Alles ist ruhig. Und so startet das Expeditionsteam das schwierige Manöver. Der einzige Punkt, an dem eine Anlandung möglich ist, ist eine geschützte Bucht nahe der 424 Meter hohen Felsspitze von Kap Hoorn. Hier führt eine steile Treppe die Besucher hoch zum Plateau.

Wir gehören zu den Glücklichen, die im ersten Boot übersetzen dürfen. Und können vor lauter Aufregung kaum an uns halten. Den Regen, der unablässig vom Himmel strömt, nehmen wir kaum zur Kenntnis. Umso mehr aber die arme Crew, die teilweise brusttief im Wasser steht und unser Zodiac mit Tauen sichert, um uns eine möglichst sichere und angenehme Anlandung zu ermöglichen.

Und dann ist er da, der magische Moment, auf den wir solange hingefiebert haben: Unsere Füße berühren den Boden von Kap Hoorn. Der Landgang ist geglückt! Wir besuchen tatsächlich auf Kap Hoorn!!!

Der Leuchtturmwärter von Kap Hoorn
Nachdem wir die steile Treppe erklommen haben, begrüßt uns oben der Leuchtturmwärter. Und sein nasser Pudel. Die Familie, die über den kleinen Leuchtturm samt Souvenir-Shop wacht, wechselt jedes Jahr. Unsere sind noch ganz frisch und motiviert, denn sie sind erst seit gestern im Amt. Die Aufgabe des chilenischen Marineoffiziers besteht vor allem darin, die Präsenz seines Landes an diesem symbolträchtigen Ort zu demonstrieren. Denn zwischen Chile und Argentinien herrscht Uneinigkeit über den genauen Grenzverlauf im südlichen Patagonien. So werden alle vorüberfahrenden Schiffe gesichtet und gegebenenfalls Meldung gemacht. Daneben führt er die meteorologische Station und leitet die Wetterdaten an die Schiffe weiter.

Albatros-Denkmal am Cabo de Hornos in Chile
Als Erstes steuern wir bei unserem Besuch das Albatros-Denkmal an. Es gedenkt den zahlreichen Seeleuten, die auf ewig in den Fluten rund um Kap Hoorn ruhen. Ein Mythos sagt, dass ihre Seelen in den Albatrossen weiterleben. Robust aus Eisen und Stahl erstellt, sollte das Denkmal Stürmen mit bis zu 200 Stundenkilometern trotzen. Umso eindrucksvoller, dass es drei Wochen vor unserer Anlandung tatsächlich ein heftiger Sturm geschafft hat, es in Stücke zu reißen. Nur die rechte Hälfte steht noch. Und ist Mahnmal und Beweis zugleich, für die extremen und tückischen Wetterbedingungen vor Ort. Angesichts dieser Naturgewalten fühle ich mich ganz unbedeutend und klein.

Die chilenischen Dichterin Sara Vial hat dieses schöne Gedicht für die ertrunkenen Seeleute verfasst:
Ich bin der Albatros, der am Ende der Welt auf dich wartet.
Ich bin die vergessene Seele der toten Seeleute,
die zum Kap Hoorn segelten, von allen Meeren der Erde.
Aber sie sind nicht gestorben im Toben der Wellen,
denn jetzt fliegen sie auf meinen Schwingen für alle Zeit in die Ewigkeit,
wo am tiefsten Abgrund der antarktische Sturm heult.
Kap Hoorn: Briefmarken vom Ende der Welt
Weiter geht es zum Leuchtturm, dem angeschlossenen Wohnhaus und der kleinen Inselkapelle. Das Wohnhaus dient gleichzeitig als Postamt von Cabo de Hornos. Hier verkauft Paula, die Frau des Leuchtturmwärters, Briefmarken und Andenken an die Touristen. Sie ist auch einem kleinen Plausch mit den Besuchern nicht abgeneigt. Denn Abwechslung ist selten und man weiß nie, wann es dem nächsten Kreuzfahrtschiff gelingen wird, anzulanden, so dass die Passagiere Kap Hoorn besuchen können.

Glücklich und zufrieden, aber mittlerweile völlig durchweicht, machen wir uns auf den Rückweg zum Schiff. Frisch geduscht sitzen wir kurze Zeit später im behaglichen Panorama-Salon und genießen den Komfort unseres Kreuzfahrtschiffes, während draußen das unwirtliche Kap Hoorn langsam am Horizont verschwindet. Am Ende sind wir vor allem eins: Dankbar, dass wir diese einzigartige Erfahrung machen durften. Und der Wettergott uns gnädig gestimmt war!

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Ende unserer Reise mit der Stella Australis ist Ushuaia, wo wir im Tierra del Fuego Nationalpark wandern gehen.
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Redakteurin, Autorin und Mitgründerin des Reiseblogs Travelinspired. Kathrin ist reiseverrückt, abenteuerlustig und absoluter Tierfan. Sie liebt es, in der Natur unterwegs zu sein und beim Wandern, Paddeln oder Radfahren nach Tieren Ausschau zu halten. Ihr Herz schlägt besonders für die polaren Regionen, aber auch Zuhause in Hamburg geht sie gern auf Entdeckungstour.